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» Im Grunde sind es doch die Verbindungen mit den Menschen, welche dem Leben seinen Wert geben. «

W. v. Humboldt

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Häusliche Pflege rund um die Uhr

24-Stunden-Pflege zu Hause

Ratgeber für Angehörige
und Pflegebedürftige

Wer nicht ins Heim will, hat oft keine andere Wahl als sich eine Hilfe  aus Osteuropa ins Haus zu holen.

Eindrucksvoll beschreibt ein Sohn in dem Buch: Wohin mit Vater?, seine vergebliche Suche nach legaler, bezahlbarer Betreuung für den Vater. Die Heime, die er sich angesehen hatte, waren eine Zumutung, 24-Stunden Betreuung durch ambulante Pflegedienste nicht bezahlbar. Am Ende entschied er sich für eine Hilfe aus Osteuropa - die sich als Glücksgriff herausstellte. Ähnlich ergeht es vielen Angehörigen, die sich nicht selbst um die pflegebedürftig gewordenen alten Eltern kümmern können, jedoch eine Heimunterbringung vermeiden wollen.

28.03.2010, ZDF, Wohin mit Vater: Verfilmung der im gleichnamigen Buch geschilderten Problematik.

Wenn demnächst auch für PflegehelferInnen aus Osteuropa offiziell ein Mindestlohn um die 8 Euro pro Stunde gilt, werden legale 24-Stunden-Beschäftigungsverhältnisse für Privathaushalte noch weniger erschwinglich sein, als heute.

Im folgenden finden Sie Meldungen und Kommentare zum Thema

Ausbeuterisches Verhalten bei Entsendung polnischer Betreuungskräfte

September 2010: Der Markt mit den 24 Stunden Betreuungsangeboten aus Osteuropa ist hart umkämpft und wird für Außenstehende immer unübersichtlicher. Jetzt wird einer der größten Entsendefirmen für Betreuungskräfte aus Polen ausbeuterisches Verhalten vorgeworfen. Von 2000 Euro, die die Familie für eine 24Stundenbetreuung an das Unternehmen zahlt, in der Annahme, dass alles ganz legal und gerecht zugeht, bleiben der Betreuungskraft angeblich nur 750Euro. Ausbeutung - Das Geschäft mit der Pflege.


Haushaltshilfen aus Osteuropa unverzichtbar

Der Bedarf an Rund-um-die-Uhr Betreuung im häuslichen Umfeld kann derzeit nur mit Hilfe von Frauen aus Osteuropa einigermaßen gedeckt werden. Ihre Zahl wird aktuell auf 100.000 geschätzt. Genau weiß man das nicht, weil ein Großteil dieser Helferinnen von der deutschen Bürokratie nicht erfasst wird.

Da ein bezahlbares, legales Angebot in Deutschland fehlt, hat sich im Laufe der letzten 20 Jahre eine Schattenwirtschaft eingebürgert, die zunehmend in die öffentliche Kritik gerät. Wer im Internet nach Haushaltshilfen oder Pflegekräften aus Osteuropa sucht, wird mit einer Fülle von Anbietern konfrontiert. Die Mehrzahl dürfte inzwischen bemüht sein, die formellen Voraussetzungen für eine legale Beschäftigung dieser Frauen zu erfüllen. Hierzu gibt es unterschiedliche Verfahrensweisen. Allerdings sind die vorschriftsmäßig angemeldeten Angebote in der Regel deutlich treurer, weshalb sich viele nach wie vor gezwungen sehen das Risiko der Schwarzarbeit in Kauf zu nehmen. "Es ist halt ein Unterschied ob ich 800 oder 1800 Euro im Monat für eine inhaltlich gleiche Leistung zahlen muss", erklärte kürzlich jemand der sich vor diese Wahl gestellt sah.

Mai 2009, Stiftung Warentest hat einige Vermittlungsagenturen hinsichtlich Transparenz, Rechtmäßigkeit und Service geprüft. Test-Ergebnis

Osteuropäische Helferinnen kompensieren die Not in deutschen Pflegehaushalten. Sie ermöglichen es ca. 100.000 pflegebedürftigen alten Menschen in ihrer gewohnten Umgebung Leben und Sterben zu dürfen. Ohne diese Frauen würden wir demnach 100.000 zusätzliche Heimplätze benötigen. Denn in allen Fällen, zu diesem Ergebnis kommt auch die nachfolgend erwähnte Studie des Deutschen Instituts für Pflegeforschung (dip), sahen Angehörige keine Alternative. Angehörige, die die 24-Stundenbetreuung eines Familienmitglieds selbst nicht sicher stellen können, eine Heimeinweisung jedoch vermeiden wollen, haben derzeit in unserem Land kaum eine andere Wahl.

Pflege-SHV beteiligt sich nicht an der Aufregung über illegale oder halblegale Beschäftigungsverhältnisse. Angesichts der Notlagen in der sich die betroffenen Familien häufig fühlen, sehen wir die Schwarzarbeit als das kleinere Übel an. Anstatt diese zu bekämpfen sollten sich Politik, Kommunen und Verbände um Lösungen bemühen, die den Bedürfnissen der Bürger entsprechen und bezahlbar sind. Gute Ansätze in diese Richtung gibt es bereits.

In Österreich scheint man dieses Problem weitgehend gelöst zu haben.  Siehe dazu Informationen auf der Seite des Bundesverbandes Europäischer Betreuungs- und Pflegekräfte (BEBP). Andererseits können sich nur wenige Österreicher, die durch die Legalisierung zu teuer gewordene Betreuung zu Hause leisten, wie dieser Beitrag im ORF vom 25.07.2011 zeigt.


Ergebnis der dip-Studie vom 24.04.2009

"Ziel der vom Deutschen Caritasverband e.V. (DCV) in Auftrag gegebenen Studie war, einen umfassenden Einblick in die konkreten Unterstützungsbedarfe der Familien zu bekommen, die sich für eine häusliche Rund-um-die-Uhr-Unterstützung entschieden haben. Darüber hinaus wurden die Perspektiven und Einschätzungen weiterer Akteure (ambulanter Pflegedienste, Vermittlungsagenturen für moH sowie von Verbänden) mit in die Untersuchung einbezogen. Dem wachsenden Bedarf an häuslicher Unterstützung und Pflege wurde in den letzten Jahren vermehrt auch durch Haushaltshilfen aus mittel- und osteuropäischen Ländern (moH) begegnet. Derzeit gehen Schätzungen von ca. 100.000 Haushaltshilfen in deutschen Familien aus. Unklare rechtliche Auslegungen sowie die Verbreitung von Schattenwirtschaft im häuslichen Bereich haben zur Verunsicherung aller Akteure beigetragen. Die Studie ist als ein Beitrag zur Versachlichung der Diskussion über die Situation in den Familien zu verstehen. Lesen Sie hier die vollständige Pressemeldung vom 24.04.2009


Urteil Amtsgericht München - Scheinselbstständigkeit - Oktober 2008

Oktober 2008, Amtsgericht München verurteilt einen Rechtsanwalt, ungarische Pflegekräfte in einem Scheinselbstständigkeitsverhältnis vermittelt zu haben. Auf die Auswirkungen dieses Urteils darf man gespannt sein. Lesen Sie dazu folgenden Beitrag in der Süddeutschen


Amnestieverlängerung für illegale Pflegekräfte aus dem Ausland

Lesen Sie hier die Pressemeldung vom 17.04.07:


Kommentar zur Panorama-Sendung vom 31.08.2006

An einigen exemplarischen Beispielen wurde in diesem Beitrag der Konflikt verdeutlicht, in den Pflegebedürftige und ihre Angehörigen hineingeraten, wenn sie einerseits eine Heimeinweisung ablehnen und andererseits eine ständige Betreuung zu Hause, ohne fremde Hilfe, nicht gewährleisten können. In fast allen Fällen in denen ein Pflegebedürftiger zu Hause leben möchte und keine Angehörigen da sind, die die Zeit oder Kraft besitzen, diese Betreuung zu übernehmen – wenden sich die Betroffenen zunächst einmal an einen Pflegedienst am Ort. Dieser ist natürlich daran interessiert dem Betreffenden die üblichen Leistungen anzubieten, wie z.B. die tägliche Körperpflege, Hilfe beim Essen, Verabreichung der notwendigen Medikamente oder was sonst laut Leistungskatalog mit den Kassen abgerechnet werden kann. In der Regel kommt ein Pflegedienst 1-2 mal täglich für im Schnitt 30 Minuten, verrichtet zügig die georderten Leistungen und kümmert sich nicht darum, wie der Bedürftige die restliche Zeit des Tages klar kommt. Wenn noch ein Angehöriger im Haus lebt, der bei Bedarf zur Verfügung steht reicht dieses Angebot aus. Ist dies nicht gegeben und kann der Hilfebedürftige nicht für längere Zeit alleine in der Wohnung/Haus bleiben, gibt es entweder gar kein Angebot oder dieses wäre so teuer, dass den Betreffenden keine andere Wahl bleibt, als sich nach einer Betreuung umzuschauen, die bezahlbar ist.

Laut Schätzung des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste (bpa), gibt es derzeit in Deutschland mehr als 70.000 illegal Beschäftige in der Pflege. Nachdrücklich fordert der bpa die Bekämpfung der illegalen Beschäftigung und Schwarzarbeit in der Pflege. Denn dieser Schwarzmarkt bedroht die Existenz der legalen Pflegeanbieter oder zumindest wird deren Einkommen hierdurch geschmälert. Leider ist dies das eigentliche Motiv der Kampagnen gegen die Konkurrenz auf dem Schwarzmarkt. Würde es den Verantwortlichen in den Schaltzentralen der ambulanten Pflege tatsächlich um eine ausreichende Versorgung gehen, hätten sie längst den eingeschlagenen Irrweg verlassen, anstatt diesen weiter zu verteidigen.

Die Bundesregierung kennt das Problem, sie tut jedoch nichts oder wenig, weil man im Grunde weiß, dass die legalen Angebote in dem notwendigen Umfange weder vorhanden noch bezahlbar sind; auch wenn in diesem Panorama-Beitrag der Staatssekretär des Bundeswirtschaftsministerium, Joachim Würmeling, die betroffenen BürgerInnen dazu aufgefordert hat, alle legalen Möglichkeiten auszuschöpfen und erklärte: "Wir sind nicht darauf angewiesen, unsere Pflegeprobleme durch Illegalität zu lösen." Dem steht entgegen: Wenn dem so wäre, würde es Illegalität in diesem Ausmaße nicht geben. So stimme ich Claus Fussek zu, der im Gegenzug erklärte: "Wir zeigen Menschen an, die hier gesellschaftliche Leistungen erbringen, die wir in Deutschland nicht erbringen können und wollen oder nicht bezahlen können und wollen. Wir zeigen diese Menschen an und kriminalisieren damit pflegende Angehörige, die nichts anderes wollen, als ihre Eltern in Würde versorgt zu wissen."

Sollte sich nicht grundlegend etwas ändern an unserem legalen Pflegeangebot, prognostiziere ich einen weiteren Anstieg der illegalen Beschäftigung in diesem Bereich. Denn wenn wir dem heutigen Bedarf schon nicht auf legale Weise gerecht werden, wie wollen wir dann die zu erwartende Bedarfssteigerung decken können?

Die Diskussion um die Schwarzarbeit in der Pflege wird aus unserer Sicht zu einseitig geführt. Statt Angehörige von Pflegebedürftigen zu kriminalisieren, sollte man die hohe Rate der Schwarzarbeit als Indikator dafür sehen, dass unser System nicht nur zu teuer ist, sondern auch uneffektiv. Wer hat denn die ambulante Pflege dahin gebracht wo sie heute steht? Wer kam denn auf die glorreiche Idee, einen Leistungskatalog (Modulsystem) einzuführen, welcher das Angebot der Sozialstationen auf eine rein körperbezogene Versorgung begrenzte. Daran waren auch Verbände wie der bpa beteiligt. Ich habe schon vor 10 Jahren vor der selbstschädigenden Wirkung dieses Systems gewarnt, durch das die Pflege hierzulande auf das Niveau von Sachleistungserbringern reduziert wird und stattdessen eine Konzeption vorgestellt, die dem Ganzheitsprinzip entspricht und den Pflegediensten einen größeren Gestaltungs- und Verhandlungsspielraum lässt.

Im Übrigen sind es nicht alleine die vergleichsweise geringen Kosten, die Pflegebedürftige und ihre Angehörigen bewegen, statt eines deutschen Pflegeanbieters – osteuropäische Angebote zu bevorzugen. Es ist auch das andere Selbstverständnis, mit dem die hier "eingeschleusten" Frauen sich meist voll und ganz dieser Aufgabe widmen. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, scheinen die Betreuten und Angehörigen voll des Lobes. Man bewundert die Ruhe und Geduld, die diese ausstrahlen und erlebt sie als zuverlässig und einfühlsam. Solche positiven Erfahrungen sprechen sich rund. Nicht selten sind es die Hausärzte, die diesbezügliche Erfahrungen von ihren Patienten weitergeben. Auch Pflegedienste und Hospizdienste greifen auf diese Helferinnen zurück, wenn es z.B. darum geht, dass ein Sterbender in den letzten Tagen nicht noch ins Krankenhaus oder Heim gebracht werden muss. Statt diese Helferinnen pauschal abzuqualifizieren und gegen sie anzukämpfen, sollten wir unsere Strukturen und Haltungen in der Pflege grundsätzlich überdenken. Deutschland sollte aus dieser Entwicklung die richtigen Lehren ziehen. Eine dieser Lehren wäre:

Abschaffung der Module sowie der unseligen Pflegestufeneinteilung und Einführung von Betreuungskonzepten, die sich am tatsächlichen Bedarf /Bedürfnis ausrichten.

Adelheid von Stösser September 2006


Weitere Infos:

Zwei Beispiele aus der Praxis, die verdeutlichen, welche Art von Hilfe gesucht wird